Social-Shopping aus 4 Perspektiven: Wem User-Generated-Content wirklich nutzt

Inspiration für diesen Artikel habe ich mir in Stefan Poiers Diplomarbeit über die Wirkung von nutzergenerierten Inhalten auf den Kaufprozess von Konsumenten im Online-Handel geholt, auch wenn meine Aussagen und Zusammenhänge eine ganz andere Zielsetzung haben. User Generated Content (UGC) nenne ich im folgenden nutzergenerierte Inhalte, ist ja auch ein deutscher Blog.

Im folgenden soll es zwar nicht um Social Shopping-Communities gehen, jedoch beeinflusst die soziale Komponente schon lange den eCommerce (elektronischer Handel) und der eCommerce inzwischen soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Ob man es nun Social-Shopping oder Social-Commerce nennen mag, sei im folgenden nicht wichtig. Mir geht es darum, welche Auswirkungen es offensichtlich auf verschiedene Zielgruppen hat. Bei meiner Betrachtung gibt es 4 Zielgruppen: Suchmaschinen (wer damit nicht klar kommt, dass ich eine Suchmaschine bzw. die Bots als Zielgruppe sehe, kann es gerne gegen SEO- bzw. Online-Marketing-Menschen ersetzen), Händler, Hersteller und natürlich die Käufer.

1. Nutzergenerierte Inhalte aus Sicht einer Suchmaschine*
* bzw. aus Sicht eines SEO-Experten oder Online-Marketing-Menschen

Auch wenn Bing seit dem 3.8.2011 die Ergebnisse von Yahoo „pimpt“, rede ich von der einen in Deutschland marktführenden Suchmaschine. Relevante Inhalte sind laut offizieller Aussage von Google entscheidend für das Ranking. Mit relevant ist unter anderem auch einzigartig gemeint: Unique Content (einzigartiger Inhalt) heißt das Zauberwort. Normalerweise ist jeder Beitrag eines Nutzern einzigartig. Kommt dieser Beitrag oder Link aus einem sozialen Umfeld (z. B. Facebook, Twitter, einer Community, einen Blog) findet Google den noch wichtiger und glaubwürdiger. Aber es kommt noch besser: Endverbraucher benutzen andere Wörter, also Keywords die der Händler und der Hersteller nicht verwenden. Potentielle andere Käufer aber schon. Wenn diese nun über Suchmaschinen danach recherchieren, werden nur die Shops auch gefunden, die für diese Keywords relevant sind, i.d.R. also diese Wörter im eigenen Shop verwenden. Gute, nicht kommerzielle Inhalte sorgen auch automatisch für kostenfreie Verlinkungen, die ebenfalls eine zentrale Rolle bei der Suchmaschinenoptimierung spielen. Damit ist klar: ein Blog unter der Domain eines Onlineshops muss quasi ent-kommerzialisiert sein: sprich getrennt vom Shop und nicht in den eigenen Shop aus den Artikeln verlinken. Man muss ja auch klarstellen, wer den Blog betreibt und Artikel schreibt. Dann kann man bei dieser Gelegenheit den Shop auch einmal verlinken.

2. Nutzergenerierte Inhalte aus Sicht eines Online-Händlers
Positiv von anderen Nutzern bewertete oder empfohlene Produkte werden nicht nur mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gekauft, sondern es werden für diese Käufe auch noch um bis zu 20 % höhere Preise bezahlt. Von Käufern erstellte Produktempfehlungen und Produktbewertungen sind ein wesentlicher Faktor der Kaufentscheidungsbeeinflussung von Konsumenten im Online-Handel. Käufer und Konsument muss jedoch nicht gleich sein. Insbesondere bei Geschenken und im Bereich von Baby- und Kinderprodukten und Seniorenbedarf sind diese oft verschieden. So erhält vielleicht das Kinderspielzeug nicht die Meinung des Kindes „macht total viel Spaß stundenlang damit im Auto zu spielen“, sondern die Meinung des Käufers, also beispielsweise der Mutter „stellt meine Kinder auf langen Auto- oder Zugreisen ruhig“. Das wird manchmal von Händlern und Herstellern neben den harten Fakten total vergessen.

Leider hat die Sache für viele Shopbetreiber aber einen Haken: Das Problem wird sein, eine kritische Masse an Besuchern, Bestellern und aktiven Empfehlungsgebern zu generieren. Dennoch lohnt der Aufwand und auch das Durchhaltevermögen. Manchmal ist eine Kundenmeinung besser als keine.

3. Nutzergenerierte Inhalte aus Sicht eines Herstellers
Auf die Hersteller möchte ich nur ganz kurz eingehen. Aus deren Sicht sind Kundenmeinungen meistens  unerwünscht (es gibt Ausnahmen: Firmen mit tollen Produkten, oder Firmen bzw. Hersteller die im Web 2.0 und eCommerce 3.0 angekommen sind). Die Beschreibungen der Produkte oder Funktionen sind eher Laienhaft, sie sind weniger objektiv und nicht so technisch. Bei schlechten oder mittelmäßigen Produkten werden oft Vergleiche zu besseren Produkten der Wettbewerber herangezogen. Manchmal werden auch private Produktfotos hochgeladen, die natürlich aus Marketingsicht weit weg von optimaler Produktpräsentation sind, oder vielleicht sogar ein veraltetes Gerät zeigen. Das Informationsmonopol der Hersteller ist ernsthaft in Gefahr. Verbraucher schenken Testberichten oder anderen Menschen (solange diese keine Verkäufer sind) verständlicherweise mehr Vertrauen.

4. Nutzergenerierte Inhalte aus Sicht eines Käufers
Ein potentieller Käufer kann oft mit den Meinungen anderer Konsumenten mehr anfangen als mit den nüchternen, objektiven und technischen Angaben des Herstellers. Das liegt daran, das sich sich nutzergenerierte Beschreibungen eher auf die Gebrauchssituation und die persönliche Bedürfnisbefriedigung beziehen. Aussagen von anderen Nutzern sind vor allem glaubwürdiger als die des Herstellers oder Händlers. Je wichtiger ein  Produkt für den Konsumenten ist, desto mehr Anstrengungen wird er für die Absicherung seiner Kaufentscheidung aufwenden. Die Wichtigkeit kann sich in einem hohen Preis äußern, einem sehr hohen individuellen Nutzen oder auch in einem großen wahrgenommenen Risiko des Kaufs. Ein Tipp aus einer „vertrauenswüdigen“ Quelle kann hierbei helfen, die Komplexität und somit das Risiko der Kaufentscheidung zu verringern und dadurch den Kaufprozess abzukürzen. Wenn ein Käufer auch selbst wieder seine Erfahrungen mit dem Produkt online verbreitet – eventuell sogar an der Produktentwicklung mitwirkt – wird er zum „Prosumer“, einer Mischung aus Produzent und Konsument. Ein Käufer, der selbst von Meinungen anderer Nutzer profitiert hat, ist auch eher bereit im Shop oder der Community über seine Erfahrungen mit dem gleichen oder ganz anderen Produkte kostenlos preiszugeben.

Fazit:
Nutzergenerierte Inhalte sind eigentlich für alle von Vorteil. Auch ohne auf die Psychologie des Käuferverhaltens genauer einzugehen, dürfte jeder das „Amazon-Phänomen“ kennen: ist vielleicht etwas teurer, aber dort sind Rezensionen zum Produkt, den Anbieter kennt und traut man, man hat auch schon ein Kundenkonto (es ist also auch noch schnell und bequem, und die buchen einfach vom Konto ab). Schon alleine aus diesem Grund muss sich jeder Online-Handler ernsthaft mit Kundenmeinungen und Produktbewertungen beschäftigen, um zum einen genügend Umsatz zu generieren, und um nicht nur über den Preis verkaufen zu müssen.
Social-Shopping bringt in vielen Fällen die Wahrheit ans Licht. Vielleicht setzen sich auch so nur die besten Produkte, Hersteller und Händler langfristig durch. Wer ein reines Gewissen hat, für den ist diese Entwicklung sogar vor Vorteil, die schwarzen Schafe hingegen werden es immer schwerer haben. Die Versuche von Agenturen oder Herstellern schlechte Produkte mit guten Meinungen zu manipulieren, oder Kunden nicht ernst zu nehmen, dürfte seit einigen Facebook-Vorfällen hoffentlich der Vergangenheit angehören.

Quelle & Inspiration:
Diplomarbeit „Die Wirkung von nutzergenerierten Inhalten auf den Kaufprozess von Konsumenten im Online-Handel – Ziele, Erscheinungsformen, Problembereiche und korrespondierende Lösungsansätze am Beispiel einer Social Shopping-Community“ von Stefan Poier.

Andreas Wellensiek

Andreas Wellensiek, staatl. gepr. Informatiker Multimedia, Jahrgang 1975, Medien-, Marketing- und SEO-Erfahrungen seit 1999.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Andree Wendel

    Moin Andreas,

    gibt es die Quelle irgendwo als Download? Hab auf Stefans Seite geguckt, aber nix gefunden.

  2. Andreas Wellensiek

    Hi Andree, die Quelle ist nicht online. Gerne kannst Du aber Stefan mit freundlichen Grüßen von mir kontaktieren und ihn bitten, Dir die als PDF zu mailen, ich kann die natürlich nicht weitergeben.

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